Aus Jackys geheimen Tagebüchern
herausgegeben von ihrem neuen Besitzer
Vorwort
Ich melde hiermit die Gründung einer Ein – Hund – Familie. Besteht seit Mitte Dezember 2020.
Hier zum ersten Kennenlernen ein paar Charakterisierungen dieser aus dem Tierheimknast befreiten ca. 9jährige Jacky:
Diese Jacky hat eine Respekt einflößende, gewaltige Sprungkraft. Abends macht sie einen – mich immer wieder verblüffenden – Satz über die Armlehne meines Fernsehsessels hinweg in die ungewisse Landungszone meines Schoßes hinein, um sich von mir lüstern verzärteln zu lassen.
Bei der von mir ausgemessenen Rekonstruktion dieses Husarenstücks ergibt sich, dass das mindestens ein Einmeter-Sprung im 45 Grad-Flugwinkel auf eine endliche Landungshöhe von 90 cm ist. Das wäre vergleichsweise gerade so, wie wenn ich mich selbst – in meiner ganzen Größe auf meinen Schultern stehend – überspringen wollte, denn das Hunderl hat vom Hals bis zum Schwanzansatz gerade mal knappe 40 cm aufzuweisen, bei gerade mal 20 cm Widerristhöhe.
Das ist schon keine laue Liebelei nicht mehr. Das ist das Lllodärrrn därrr Llleidenschaffft!
Ansonsten ist sie mit ihrem reichen Innenleben, ihrem Dösen und Stunden-Wegratzen vollauf ausgelastet. Ist eben mehr von der philosophischen Sorte. Das merkt man daran, dass sie aufmerksam meinem unverständlichen und unverständigen Rumgemache in der Küchenbucht mit den Augen folgt, ohne dazu einen fälligen Kommentar abzugeben.
Na ja, ab und zu schüttelt sie freilich den Kopf, dass ihre Ohren ihr nur so um den bepelzten Schädel schlackern. Es ist aber auch zu arg, was ich da treibe, ohne dass dabei ein erkennbarer Nutzen für sie dabei rausschaute.
Darüber mal O-Ton Jacky. Zum besseren Verständnis: die im folgenden Eintrag erwähnte „Person mit den mehreren Rundungen“ ist die Frau des Herausgebers.
Tagebucheintrag vom 28. 12. 2020
Es würde doch vollkommen genügen, wenn dieser Bruder Rastlos morgens eine Dose Nass-Futter aufmachte, um mir das Frühstück zu kredenzen, und abends neben das Frischwasser den Napf mit Trockenfutter zu stellen. Und anstatt sich ein erquickendes Nickerchen zu gönnen, geht und schlurft dieses Perpetum Mobile von hierhin nach dahin, mal was in der Hand, mal auch nicht, was die Sache nicht gerade verständlicher macht.
Da lobe ich mir doch diese Person mit den mehreren Rundungen, zu der wir über die Feiertage gezogen sind. Die sitzt fein still und leise auf ihren hinteren Rundungen und macht Geheimnisvolles. Und wenn es fertig ist, hab ich was Wärmendes für diese doch sehr kühlen Tage und die immer ungemütlicher werdenden Kontroll-Runden anzuziehen.
Und? Rennt die sinnlos in der Wohnung rum?
Die weiß halt, wie das wahre Leben geht.
Wuff!!
29.12.2020
Aber ja, auslüften gehen tut mein Futterlieferant schon auch mit mir. Eine der seltenen, sinnvollen Beschäftigungen, denen er sich mit einer solchen Regelmäßigkeit hingibt, dass ich gezwungen bin ihm beizubringen, dass auch im sinnvollen Maß und Ziel und Beachtung der Umstände zu walten haben. Ein bisschen begriffsstutzig ist der ja. Ich musste voll den Rückwärtsgang auf allen vier Rädern – ähh Beinen – reinhauen, um klarzumachen, wie ich zum Regen stehe, wenn der es ernst meint. Hätte er eigentlich auch so schon wissen müssen, was eine Dame wie ich vom Wasser hält: das ist einfach viel zu feucht. Mich hat er ja auch noch nie in den Ika – See, einen flachen Grundwassersee, zur „Reduzierung meiner olfaktorischen Ausdünstungen“ wie er das nennt, gekriegt. Er ist eben ein Feiner. Mein Odeur, an dem ich nicht das geringste auszusetzen habe, möchte der zwar vermutlich unter „hundsgemeinem Stinken“ rubrizieren, rückt aber mit solch einem ehrlichen Bekenntnis seiner Idiosynkrasie natürlich nicht heraus.
Ich und Stinken! Das passt ja doch nicht hinten und nicht vorne zusammen. Aber ich bin da tolerant. Soll doch jeder seine nur ihm zugehörigen Eigentümlichkeiten hätscheln, aber man bleibe mir vom Leibe mit unanständig Feuchtem von oben oder von sonst wo her.
Wo war ich? Ah ja, Gassigänge. Durch die Ingelheimer Auen oder Weinbergs-Hügel. (Komisches Wort: was denn nun? Berg oder Hügel?) Heute war ein Tag, den ich am liebsten mit Rot markieren möchte. Ich stellte plötzlich perplex fest, dass da gar keine Leine mehr war. Und jede Menge grasige Gegend mit Gerüchen. Na, ihr könnt euch ja vorstellen, wie mir da wurde und war. Weit und breit kein Auto, kein fremder Hund und keine großen bösen Tiere als Witterung in der Luft. Ich also los! Und gestöbert und gestromert und strawanzt nach Hundeherzenslust. Damit der, der normalerweise am anderen Ende der Leine sich störend bemerkbar macht, auch morgen wieder auf so eine gute Idee verfällt, habe ich – ganz das brave Hundilein – auf Zuruf jeweils prompt einen sehenswerten „Galopp Zurück“ hingelegt, um mir ein paar Streicheleinheiten einzufahren, und dann aber wieder – Heidewitzka! – quer durch die Pleene! Falls ich das noch nicht gesagt haben sollte: Das ist das wahre Leben.
Wuff!!
30.12.2020
Kirschblüten! Blühende Kirschbäume! Hab ich heute gesehen. Ich kenne mich ja als alter Knastbruder, äh Knastschwester meine ich, damit nicht so recht aus. Aber mir ist doch, als ob das früher etwas anders war. Aber falls da jetzt der Frühling allen Ernstes ausbrechen sollte, als Knasti hab ich volles Verständnis für Ausbruchsversuche.. Nur will es mir nicht einleuchten, dass da drüben im Taunus die Höhen – wie sich das gehört – eingeschneit sind und hier – auf der anderen Seite des Rheins – blühen die Kirschbäume an den besonnten Hängen. – Moment mal, Jäcky, bevor du dich da in was reinsteigerst… das hat nix mit dem von dir angesteuerten Klimawandel zu tun… – Ach, neee..? – Neee, überhaupt nich. Was du da gesehen hast, war eine Japanische Schneekirsche. Und die blüht auch im Winter, wenn es nur mal ein paar Tage hintereinander warm ist.
01.01.2021
Mann, Mann, Mann, war das vielleicht eine Nacht! Mein Quartier – und Fouragemeister hatte mich wieder zu der Person mit den zusätzlichen Rundungen vom geruhsamen Ende der Ökumene verschleppt. Mitten in das Ortszentrum hinein, wo es auch sonst schon reichlich turbulent zugeht. Aber das, was da um Mitternacht abging, toppt alles bisher Dagewesene.
Ja denkt denn keiner an uns arme Hunde???
Mit unseren zarten Ohren????
Da draußen wurde anscheinend eine Art Krieg oder sonstige Jagd veranstaltet, mit großkalibrigem Schießgerät. Eine derartige Jagd, dass ich schon glaubte, mein letztes Stündlein hätte geschlagen.
Ich also raus aus der gemütlichen Körbchenkoje, und in die vom a – rhythmischen Schuss-Lärm am weitesten entfernte Ecke der Wohnung. Das war in der Küche in der Höhle unter einem Stuhl in der Ecke. Wenn jetzt das todbringende Grauen auf mich zu kommt, dann bin ich – außer frontal – von allen Seiten geschützt, und da vorne habe ich ja Zähne, und dann wollen wir ja erst mal sehen…
Und wo bleibt mein Herr und Beschützer, wenn man ihn schon mal braucht? Der pooft natürlich rücksichtslos in seiner Poofe als ob nix wäre.
Na ja, so ganz stimmt das ja nicht. Irgendwann ist der dann schon noch aufgetaucht, nachdem er mich nirgendwo hat auffinden können, wo ich sonst so rumhänge. Klang richtig besorgt, als er immer wieder meinen Namen rief. Vielleicht mag er mich ja doch auch.
Wir haben dann noch bis ans endliche Ende dieses sinnlosen Geballeres da draußen gemütlich auf dem Sofa miteinander gekuschelt. (Ich mag es, wenn ich meine Schnauze in eine seiner duftenden Achselhöhlen reinbohren darf.)
Und die Bumsmusik bei den Nachbarn, deren Lautstärke schon an Körperverletzung grenzte, war dann auch ganz schnell alle, als zwei angerückte Polizisten sich – durchaus in meinem Sinn – dagegen aussprachen.
Auf die Anregung meines Quartier – und Fouragemeisters, den nachbarlichen Lärm auf erkennbare Musik zurückzuschrauben, war ja erst mal so was von geschissen gewesen. Beleidigend und ausfällig sind die auch noch geworden. Als die mich – zusammen mit dem anderen Bittsteller – an ihrer Wohnungstür gewahr wurden, sagte der eine doch tatsächlich total am Thema vorbei:“ Und so was wie den da, kriegen se in jedem Tierheim nachgeschmissen.“
Bloß gut, dass ich als wohlerzogene Dame mit Selbstdisziplin nicht auch so ein pöbelnder Proll bin. Mein bissiger Kommentar zu dieser seiner bewussten Herabwürdigung hätte sonst einen nachhaltigen Eindruck in dem posterioren Fleisch hinterlassen, das er uns verächtlich zugekehrt hatte.
Frechheit!
O6. 01. 2021
Als vor kurzem mein Für-mich-Mensch mich mit dem Auto zu sich holte, hatte ich wieder diese seltsamen Beobachtungen über seine Rasse zu machen.
Er hielt vor einem riesigen grauen Würfel. Der meinige Mensch betrat ihn sofort und ich konnte ihm gut folgen. Er lief zu einer räumlich abgetrennten Einheit im Kellergeschoss , öffnete ein dünnes Element in der Wand und ging hinein. Dann schloss er das Element hinter uns.
Als erstes ging er zu einem Gerät mit schräg dran stehenden Bild, das sich verändern konnte. Ich sah, wie er in halb gebückter Stellung vor einem solchen bunten Bild verharrte. Sein Gesäß stützte er mit einem vierfüßigen Gegenstand ab.
Es verging sehr viel Zeit, ohne dass der Mensch mehr als seine oberen Extremitäten auf dem schwarzen Brett vor dem schrägen Bild bewegte, mit denen er einzelne Zeichen berührte. Offensichtlich kommunizieren Menschen nicht mit Sprache, denn ich hörte in dieser Zeit keinen einzigen Laut. Er hatte auch keinen Kontakt zu den anderen Menschen im Wohn-Würfel.
Wirklich ein seltsamer Verein, diese Menschen. Werde aber wohl noch eine Weile bei ihm bleiben. Ist ein interessantes Studienobjekt.
Habe die Menschen aber schon mal Laute von sich geben gehört. War aber völlig unerheblicher Schwachsinn, was die einander als Kommunikate zukommen ließen. Das lockt doch keinen ernsthaften Hund hinterm Ofen hervor. Man fragt sich wirklich, wozu die sich die Mühe machen, den Mund überhaupt aufzumachen.
Von den wesentlichen Dingen im Leben, dem Fresschen, Schläfchen, Kackerlein und Gassigehen kein Wort!
Denen hat – sozusagen – der Hund das Augenmaß verzogen, wie die Bayern sagen.
Wuff!
09.01.2021
Ich muss mich über meinen Dosenöffer, Halter und Schmusedingrich beschweren. Der unverschämte Kerl hält mich doch neuerdings wieder an der Leine!!! von all den Herrlichkeiten des Geländes!!! ab.
Weiß gar nicht, was der sich so hat. Ich hatte wie immer die Annoncen der anderen Artgenossen genossen.
Und zwar immer weiter weg. Ich habe auch nicht reagiert, wenn der mich beim Namen rief.
Wozu auch?! Ich wusste ja jederzeit wo der war. Hätte notfalls auf meiner eigenen Spur wieder zu ihm gefunden.
Püh!!! Der kann von mir aus rufen bis er heiser wird. Außerdem bin ich auf der Nachhauseweghälfte meiner – fast hätte ich gesagt unserer Runde.
Der kommt schon noch nach, wenn ihm danach ist.
Uppps! Wo kommt denn da plötzlich das Auto her? Und von da kommt auch noch eins und quietscht mich böse mit den Reifen an. Bleib ich mal doch besser sitzen bis der mit den langsamen Beinen kommt.
Wie jetzt? Der redet ja so laut auf mich ein, wie sein übliches Blablabla noch nie war. Und klinkt mich an die Leine.!!!!!
Und die anderen Leute hören sich auch so an, als ob sie mit mir schimpften.
Hundsgemein, so was!
Dabei hab ich doch bloß gemacht, was meine Mutti mir von Welpenbeinen an gesagt und eingeschärft hat. „Jacky“, hat sie mir immer wieder ins Gedächtnis gerufe
„Wo du bist, kann kein anderer sein!“ Und so hab ich halt die anderen Welpen beiseite geschubst, weil die genau dort sich breit machten, wo ich sein wollte. Hat bislang auch immer ganz gut geklappt.
Aber das mit den Autos muss ich mir noch mal genau überlegen. Vielleicht hat denen ihre Mutti ja auch gesagt, dass da wo die sind, kein anderer sein kann.
Hier meldet sich der Herausgeber, denn diese Jacky gibt ein Selbstbild von sich ab, das für sie ja sehr schmeichelhaft ist, aber sie flunkert sich da was zusammen, was mit der Wirklichkeit nur in sehr losem Zusammenhang steht. Da muss doch was zurechtgerückt werden. Fakt ist folgendes:
Also wie die Jäcky zu den feuchten Sachen von oben steht, dürfte ja bereits allgemein bekannt sein.
Im Gegensatz zu den feuchten Stellen, zu denen man mit Nachdruck hin gezerrt wird, und die sich durch eine dunklere Färbung an den Hauswänden und auf den Gehwegen kenntlich machen, ist alle Nässe von oben anscheinend eine horrende Abscheulichkeit.
Das macht die Jäcky auch jedem in aller Deutlichkeit klar, ob der das nun wissen will oder nicht.
So auch heute.
Wir waren kaum aus Renates Wohnungstür raus, da prüfte sie bereits auf dem Laubengang im zweiten Stock misstrauisch das Angebot. So wie es aussah, sollte sich das Wetter was schämen. Das lässt sich ein dermaßen süßer Hund, dass er ganz aus Zucker ist, doch nicht bieten! Sie schaut fragend zu mir auf. Ob das mein Ernst ist? Bei deeem Schneeregen!?
Ich bleibe eisern. Habe ihr schließlich schon ihr todschickes rot-graues Mäntelchen angezogen, und außerdem dürfte mittlerweile das gestrige Fresschen von innen drücken und auf einen geeigneten Entsorgungsplatz drängen.
Ziehe also das unwillige bisschen Hund hinter mir her zum Aufzug. Na, da drinnen riecht es wenigstens einigermaßen hündische Interessen weckend. Nach längerem, intensivem Studium von Stellen, an denen es überhaupt nichts zu sehen gibt, lässt sich Madame Jäcky zum Verlassen des Lifts herbei, und ich trete durch die Tür des Wohnungsblocks kühn nach draußen, wende mich nach links und nochmal nach links und….
Upps? Ende der 8 Meter Leine, an dessen anderem Ende sich nix rührt.
– „Jäcky!“
– „…..“
Jäcky. Verdammt noch mal, jetzt komm endlich.“
„….!!!“ Ich also seufzend an der sich aufrollenden Leine entlang zurück um die Hausecke. Und was sehe ich da? Erst mal gar nix! Öh?
Das ferne Ende der Leine mit mutmaßlich einem Hund dran verschwindet nämlich irgendwo hinter der undurchsichtigen Haustür.
Meine Annahme, Jäcky werde selbstverständlich dicht hinter mir das Haus verlassen, muss ich mal wieder zu den zahlreichen Irrtümern meines Lebens zählen. Bislang war ich das so gewohnt: Ich vorne weg. Die Frauen und alles mit den kurzen Beinen hinter mir. Nicht so die Jäcky. Wie eine kluge Ehefrau sagt sie erst mal gar nix. Und dann macht sie doch, was sie für richtig hält.
Das Bedrückende, das da vor ihrem Sphinkter schon länger lauerte, sind wir aber dann doch noch los geworden. Allerdings nicht am gewohnten Örtchen, sondern gleich um die Hausecke herum, wo eine überdachte Durchfahrt zu den Parkplätzen willkommenen Schutz vor dem nassen Zeug von oben bot.
Und dann hat sie mich frech angeschaut.
„Naaaa? Geht doch!“
Oder man nehme mal diese von ihr unterdückten in verheimlichten Fakten zur Kenntnis
Heute morgen stolpere ich noch schlaftrunken aus dem Schlafzimmer in Richtung Küchenbucht und dabei fast über einen Hund, der da normalerweise gar nicht hin gehört. Die Jäcky kann es nicht sein. Die schläft nämlich noch um diese Zeit. Geruht erst aufzustehen, wenn es in der Küche knackt als ob da einer eine Futterdose öffnet und es gleich darauf unwiderstehlich nach was Gutem duftet.
Öh, …Moment mal, das ist ja doch die Jäcky. Und irgendwie riecht das hier so komisch.
„Jäcky, hast du gepupt?“
Jäcky schaut heute morgen so irgendwie ganz anders. Wie meine Renate, wenn sie was angestellt hat und nicht so recht weiß, wie ich das aufnehmen werde, wenn sie damit rausrückt.
„Du hast doch gepupt.“
Jäcky schaut.
Ich schlurfe die Wohnung ab. Die Quelle des unangenehmen Geruchs sondierend. In die Richtung isses kalt. Oh, hier wird es aber zunehmend wärmer.
Heiß, ganz heiß!
Und was ist das da Augenbeleidigendes auf den Fliesen vor der Wohnungstür?
Der Leser ahnt es. Jäckies gestrige Futterzuteilung. Nach ihrer Verarbeitung.
Herrschaftsssseitn aber auch! Hätte die nicht was sagen können? Oder sich wenigstens irgendwie rühren?
An Ausdrucksmitteln auf dem akustischen Kommunikationskanal fehlt es ihr ja nun nicht gerade!
Dass ich einen derartig rücksichtsvollen Hund habe, der es nicht übers Herz bringt, wegen so einer Kleinigkeit sich – meinen heiligen Schlaf störend – bemerkbar zu machen, versöhnt mich nur so halb und halb mit der Übeltäterin, während ich diese doch ungewöhnlich große Lappalie beseitige.
Jäcky bleibt dabei aus dem Weg. Vielleicht ist es ja auch die Lautstärke meines Monologs, den ich dabei abliefere, die zu ihrem respektvollen Abstandhalten führt.
Denn geruchsempfindlich ist die ja nicht.!
Irgendwie mag ich keine wohlerzogenen Hunde, die vor lauter liebevoller Rücksichtnahme sich aufführen wie alle moralverseuchten Lebewesen und alles falsch machen.
12.01.2021
„Liebes Tagebuch. Dir kann ich es ja anvertrauen. Du sagst es doch nicht weiter, gell?
Ich habe aller Welt glaubwürdig vorgemacht, dass ich Jacky, die Selbstbewusste, die Kühne bin. Aber das stimmt nicht so ganz, Ich nehme zwar gern alles in der Wohnung unserer Zweier – WG in Beschlag, soweit es meinen Vorhaben dient. Aber einen kleinen Raum gibt es, da bringen mich keine zehn Katzen rein.
Warum, fragst du?
Also wie soll ich das jetzt sagen? Ich und meine ganze Rasse, wir sind von einer vorbildlichen Toleranz und Unvoreingenommenheit gegen das gesamte Spektrum der Gerüche.
So etwas wie die Diskriminierung von Gestank – eine menschliche Untugend, wie du weißt – weisen wir über solchen Rassismen Stehenden weit von uns. Und dennoch, dieses Kabäuschen ist irgendwie – atemberaubend. Das hat Mutter Natur so nicht vorgesehen und sie wird dergleichen – nicht ihrem Schoße Entsprungenes – entrüstet zurückweisen. Wenn also mein Wohnungsgenosse in der Badewanne steht und sich freiwillig mit einem Gerät von oben beregnet – brrrr! – dann schmiert er so glitschiges, blaues Zeug auf sich, und die von dort her strömende Wolke von Infernalischem stößt mich, die ich meterweit davon entfernt auf Beobachtungsposten sitze, also sogar noch im Gang vor dem Kabäuschen ab.
Das ist nicht der einzige Tort, den man sich in seiner Perversität da drin antut. Manchmal muss ich den Kopf diskret beiseite wenden, um dem teuflischen Bouquet zu entgehen, das aus dem Mund meines Menschen kommt, wenn er sich gerade mit einem Stöckchen mit einer weißen Paste drauf im Mund herumgekratzt hat. Also in der Welt aller vernünftigen Tiere kommt weit und breit überhaupt kein Weiß irgendwelcher Art vor, mit der sich unsereiner im Ernst beschäftigen würde. Und der nimmt das auch noch in den Mund!!!
Ganz zu schweigen von diesem Übelkeit erregenden Pffft-Pffffft, das er sich in die Haare pfffft-pfffft.
Spätestens dann reicht es mir, und ich kann nur allen recht geben, die nicht aufhören zu predigen, dass die Neugierde zu nichts Gutem führt. Ganz schlecht ist mir dann, und ich muss mich erst ein Weilchen im Körbchen rekreieren gehen.
Nein, in diese Folterkammer verkommener Masochisten brächten mich auch keine 100 Katzen, die mich da rein in die Enge treiben wollten.
Obwohl… manchmal da kommt es doch vor, dass mein Mensch von uns etwas gelernt zu haben scheint. Dann sieht man ihn da drin einen krummen Rücken machen, und er entledigt sich in eine Art weiße – igitt!! weiße !!! – Schüssel der Verdauungsrückstände wie ein honetter Hund. Das ist aber auch die einzige Gelegenheit, wo es anheimelnd – und das sonstige, aggressiv Gasende freundlich überlagernd – nach Vertrautem riecht. Warum er aber seine dort ebenfalls deponierten Markierungen nicht dorthin plätschert, wo auch andere was Informatives davon hätten, wird mir wohl ewig ein Rätsel bleiben. Noch dazu derart unbeherrscht und unökonomisch, dass man sich nicht zu wundern braucht, warum ihm für eine ernsthafte Markierungstätigkeit unseres Territoriums nichts mehr übrig bleibt.
Alles muss man selber machen!
Wuff!“
Ansonsten bin ich aber doch einigermaßen zufrieden mit unserer Bleibe.
Aber wo ich schon gerade mal am Meckern bin, kann ich genau so gut auf ein Desiderat hinweisen.
Ich bin eine, die mit großer Begeisterung buddelt. Ich kann es da bis zur Ekstase treiben. Und ich Meisterin im Graben von Löchern würde ja zu gerne auch die Wohnung nach meinen Vorstellungen umgestalten. Leider, leider erweist sich das heimische Parkett als unnachgiebig und in dieser seiner Unnachgiebigkeit obstinat. Von mehreren ergebnislosen Versuchen belehrt, widme ich jetzt meine engagierte Buddelei gezwungenermaßen den Liegematten. Da kann ich aber doch schon den einen oder anderen schönen Erfolg vorweisen.“